Landtag NRW verabschiedet Tariftreue- und Vergabegesetz
Am 21.12.2011 hat der Landtag NRW mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis90/Die Grünen und DER LINKEN das Gesetz über die Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein- Westfalen – TVgG-NRW) beschlossen. Die Fraktionen von CDU und FDP stimmten gegen den Gesetzentwurf. Die wichtigsten Eckpunkte des Gesetzes:
· Öffentliche Aufträge in NRW dürfen nur noch an Unternehmen vergeben werden, die ihren Beschäftigten mindestens einen Stundenlohn in Höhe von 8,62 € zahlen. Dieser vergabespezifische NRW-Mindestlohn wird jährlich durch das Arbeitsministerium auf Empfehlung eines beratenden Ausschusses mit je fünf Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer überprüft und angepasst werden.
· Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs dürfen öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die einen vom Arbeitsministerium für repräsentativ erklärten Tarifvertrag anwenden.
· In den Branchen des Arbeitnehmerentsendegesetz müssen die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge eingehalten werden (dieses ist bereits durch Bundesgesetz geregelt und damit rein deklaratorisch).
· Auftragnehmer von öffentlichen Aufträgen müssen sich zu „Equal Pay“ für Zeitarbeitnehmer verpflichten.
· Die Regelungen des Gesetzes gelten ab einer Auftragssumme ohne Umsatzsteuer von 20.000 € (Schwellenwert).
· Die Vorgaben gelten während ein Unternehmen für Land oder Kommunen arbeitet, und dabei alleine für die für diesen Auftrag eingesetzten Mitarbeiter.
· Der Auftragnehmer haftet in Bezug auf die Einhaltung der Regelungen des Tariftreuegesetzes auch für Tochterunternehmen, Nachunternehmer- und Entleihbetriebe.
· In die Vergabeentscheidung sollen zukünftig auch vergabefremde Kriterien einbezogen werden (z.B.):
– umweltbewusstes und energieeffizientes Verhalten bzw. umweltver-trägliche Beschaffung
– Einhaltung der ILO Kernarbeitsnormen
– Vergabe nur an Unternehmen, die sich verpflichten, Maßnahmen zur Frauenförderung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf durchzuführen (ab 20 Beschäftigen und einer Auftragssumme in Höhe von 50.000 €, bei Bauleistungen ab 150.000 €).
Das Gesetz ermächtigt die Landesregierung, in einem weiteren Schritt detaillierte Verfahrensanforderungen hierzu durch Rechtsverordnungen festzulegen.
· Zudem sind umfangreiche Erklärungs- und Nachweispflichten für die Unternehmen vorgesehen. Die nach dem Gesetz vorzulegenden Nachweise und Erklärungen sollen auch im Wege der Präqualifikation erbracht werden können. Die Präqualifikationsnachweise dürfen dabei nicht älter als ein Jahr sein.
· Neben allgemeinen Prüfungsrechten für die öffentlichen Auftraggeber soll das Wirtschaftsministerium als Prüfbehörde für die Kontrolle der Einhaltung der Pflichten der Auftragnehmer zuständig sein.
· Bei Verstößen gegen die Vorschriften des Gesetzes droht die fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses sowie eine Vertragsstrafe i.H.v. einem Prozent des Auftragswertes, bei wiederholten Verstößen von bis zu fünf Prozent. Darüber hinaus sind Bußgelder von bis zu 50.000 Euro sowie der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen in NRW von bis zu drei Jahren vorgesehen.
Der Unternehmerverband Handwerk NRW hatte sich intensiv in den Gesetzgebungsprozess eingebracht und den Gesetzentwurf scharf kritisiert. Das Gesetz ist ein Angriff auf die Tarifautonomie, in Teilen verfassungswidrig und erhöht Kosten und bürokratischen Aufwand für Unternehmen sowie öffentliche Hand.
Sofern die Veröffentlichung noch in diesem Monat erfolgt, tritt das Gesetz zum 1. April 2012 in Kraft. Erfolgt die Veröffentlichung erst im Januar, tritt es erst zum 1. Mai 2012 in Kraft.
(QUELLE: UNTERNEHMERVERBAND HANDWERK NRW)