Außerordentliche Kündigung bei Bagatelldelikten

Die Rechtsabteilung der Kreishandwerkerschaft Düsseldorf informiert:

In den letzten Monaten wurden von der Presse immer wieder Fälle aufgegriffen, in denen Arbeitnehmer, die geringwertige Sachen gestohlen oder unterschlagen haben, deswegen fristlos gekündigt wurden. Das Medieninteresse an diesen Fällen ist für jeden Arbeitsrechtler sehr verwunderlich, da das Bundesarbeitsgericht schon seit den 80er Jahren in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, dass auch Bagatelldelikte eine fristlose Kündigung darstellen können. Die von der Presse aufgegriffenen Fälle stellen daher keine Besonderheiten dar, sondern die aufgegriffenen Urteile entsprechen der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Danach kann ein Arbeitnehmer, der auch nur geringfügige Sachen stiehlt oder unterschlägt, grundsätzlich fristlos gekündigt werden. Jedoch sind dabei immer die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen.

In einem neuen Urteil vom 10.06.2010 hat das BAG diese Rechtsprechung nochmals bestätigt. Allerdings gleichzeitig die Vorgaben für eine auszusprechende Kündigung verschärft. Nach dem neuen BAG Urteil ist bei der Einzelfallprüfung im Rahmen der Interessenabwägung auch „das vom Arbeitnehmer in der Zeit seiner unbeanstandeten Beschäftigung erworbene Vertrauenskapital sowie die wirtschaftlichen Folgen des Vertragsverstoßes zu berücksichtigen“. Dieser Ansatz der Rechtsprechung ist neu und bedeutet im Prinzip, dass Mitarbeitern, die schon sehr viele Jahre im Betrieb beschäftigt sind, nicht ohne weiteres bei einem erstmaligen Vergehen die Kündigung ausgesprochen werden kann. Die gilt zumindest bei Bagatelldelikten, bei denen nur geringfügige Sachen gestohlen werden. In diesem Fall muss der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen und darf erst im Wiederholungsfall kündigen.

Grundsätzlich ist bei Kündigungen wegen Straftaten darauf zu achten, dass der Arbeitgeber die volle Beweislast hat. Die schließt ein, dass der Arbeitgeber auch beweisen muss, dass der Diebstahl oder der Betrug vorsätzlich begangen worden ist. Häufig ergeben sich dabei Schwierigkeiten. Aus diesem Grund erlaubt die Rechtsprechung auch eine sogenannte „Verdachtskündigung“. Bei einer solchen Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber nicht die komplette Straftat beweisen, sondern es reicht aus, dass er derart gravierende Verdachtsmomente beweisen kann, die es für ihn unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Voraussetzung für eine Verdachtskündigung ist jedoch, dass der Arbeitgeber zuvor alles ihm Zumutbare getan hat, um den Sachverhalt aufzuklären. Vor Ausspruch einer Verdachtskündigung muss daher zwingend der betroffene Arbeitnehmer angehört werden. Ggf. müssen noch weitere Zeugen, insbesondere Arbeitskollegen, vernommen werden. Die Anhörungen sollten stets mit Zeugen durchgeführt werden.

Da es für einen Arbeitgeber oftmals sehr schwierig ist zu beurteilen, ob die festgestellten Verdachtsmomente ausreichen um der Rechtsprechung zur Verdachtskündigung zu genügen, empfehlen wir dringend unseren Innungsbetrieben vor jedem Ausspruch der Kündigung sich mit der Rechtsabteilung der Kreishandwerkerschaft Düsseldorf oder eines Anwalts ihres Vertrauens in Verbindung zu setzen. Dies gilt umso mehr nach den oben aufgeführten Verschärfungen durch die neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Für Innungsbetriebe ist die Rechtsberatung und die Vertretung vor den Arbeits- und Sozialgerichten im Innungsbeitrag enthalten.