Deutsche Bauwirtschaft: Zuversichtlicher Blick auf 2016: 3 % Umsatzwachstum erwartet
„Wir blicken zuversichtlich auf das Baujahr 2016. Spürbare Impulse sind im Wohnungsbau und im öffentlichen Bau zu erwarten. Aus heutiger Sicht rechnen wir mit einem Umsatzwachstum im Bauhauptgewerbe von 3,0 % auf ca. 103 Mrd. Euro. Dieses Wachstumstempo erwarten wir für den Hochbau und Tiefbau gleichermaßen. Für den Hochbau rechnen wir mit einem Umsatz von 66 Mrd. Euro und für den Tiefbau von 37 Mrd. Euro. Die Preise dürften mit 1,5 % etwas stärker zulegen als im Vorjahr (1,0 %). Wegen der Leistungssteigerung kann mit einem Anstieg der Beschäftigtenzahl auf 765.000 bis 770.000 gerechnet werden.“ Diese Prognose stellten die Präsidenten des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie und des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe, Prof. Thomas Bauer und Dr.-Ing. Hans-Hartwig Loewenstein, heute anlässlich der Jahresauftakt-Pressekonferenz der beiden Bauspitzenverbände in Berlin vor.
1. Wohnungsbau
Für 2016 erwartet die Bauwirtschaft ein Umsatzwachstum von 5 % (auf 38,4 Mrd. Euro), nachdem der Wohnungsbau 2015 entgegen allen Erwartungen nur um 2 % gewachsen sei. 2016 würden nahezu 290.000 Wohnungen insgesamt neu auf den Markt kommen. Das entspreche zwar einer Steigerung von 80 % gegenüber dem Tiefststand in 2010, sei aber immer noch zu wenig. Gerade in Ballungsräumen sei preiswerter Wohnraum knapp. „Die anhaltende Binnenwanderung sowie die steigende Zahl an Flüchtlingen macht die Fertigstellung von jährlich mehr als 400.000 Wohnungen erforderlich. Davon entfallen ca. 100.000 auf die unterschätzte Entwicklung bei der Zuwanderung und ca. 50.000 auf den Nachholbedarf infolge der Unterproduktion der vergangenen Jahre. Hinzu kommt der ohnehin bestehende Baubedarf aus der demografischen Entwicklung und dem Ersatzbedarf,“ erläuterten Bauer und Loewenstein. Dieses Niveau werde aber nur sukzessive zu erreichen sein.
Vor diesem Hintergrund forderten die Bauspitzenverbände ein ganzes Bündel von Maßnahmen, um die Investitionen in den Wohnungsneubau zu erhöhen. Dazu gehört eine generelle Erhöhung der linearen AfA, die mit derzeit 2 % nach Meinung der Bauspitzenverbände nicht mehr zeitgemäß ist. „Aufgrund der fortdauernden Technisierung der Gebäude überwiegt der Anteil von Bauteilen mit einer Nutzungsdauer von deutlich unter 50 Jahren. Eine generelle Erhöhung der Abschreibung im Mietwohnungsneubau ist daher ein notwendiger Schritt, um mehr Mietwohnungen auf den Markt zu bringen, die mit mittleren Einkommen bezahlbar sind,“ so die beiden Präsidenten.
Darüber hinaus müsse die angekündigte Sonder-Afa umgehend auf den Weg gebracht werden, um preiswerte Mietwohnungen zu schaffen. Auch die Verdopplung der Fördermittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau für die Jahre 2016 bis 2018 auf jeweils 1 Mrd. Euro sei ein Schritt in die richtige Richtung. Bauer und Loewenstein bezweifelten jedoch, dass die Mittel ausreichen, wenn selbst die Kommunen mindestens 2 Mrd. Euro jährlich forderten.
2. Wirtschaftsbau
Laut HDB und ZDB hat auch der Wirtschaftsbau die an ihn gerichteten Erwartungen 2015 nicht erfüllt und wohl nur das Vorjahresniveau erreicht. „Anzulasten“ sei das dem Wirtschaftshochbau, der das Vorjahresergebnis um ca. 2 % verfehle. Der Wirtschaftstiefbau könne mit einem Plus von 3 % das Gesamtergebnis nicht in den positiven Bereich drehen. Bis zum dritten Quartal hätten die gewerblichen Bauinvestitionen um 3 % unter denen des Vorjahres gelegen. „Die deutsche Wirtschaft investiert zu wenig. Daher sehen die Aussichten auch für 2016 nicht wesentlich besser aus, so dass davon ausgehen ist, dass das die Umsätze weiter auf dem Niveau von 35,7 Mrd. Euro verharren werden“, erklärten Bauer und Loewenstein.
Die Baugenehmigungen im Wirtschaftshochbau hätten zu Beginn des vierten Quartals 2015, bemessen nach Baukosten, bei – 3 % gelegen. Einen anhaltend hohen Rückstand hätten dabei die Genehmigungen für Fabrik- und Werkstattgebäude (-17 %) ausgewiesen. Der Auftragseingang im Hochbau stecke seit Monaten bei – 5 % fest. Besser sehe es hingegen im Wirtschaftstiefbau aus, wo sich das erhöhte Investitionsbudget der Bahn niederschlagen dürfte.
3. Öffentlicher Bau
Der öffentliche Bau habe in 2015 die Nulllinie nur knapp übersprungen und mit einer Steigerung von 0,5 % 28 Mrd. Euro erreicht. Allerdings erwartet die Bauwirtschaft für 2016 eine deutliche Steigerung der öffentlichen Bauinvestitionen. „Dass der Bund seine Investitionen in Straßen, Schienen und Wasserwege von 10,6 Mrd. Euro auf 12,1 Mrd. Euro, also um 14 %, anheben und das Budget bis 2018 auf gut 13 Mrd. Euro stetig ausbauen wird, begrüßen wir ausdrücklich. Wir haben viele Jahre dafür geworben, die Investitionsbudgets bedarfsgerecht auf 15 Mrd. Euro anzuheben. Dieser Weg muss beibehalten werden“, so die Forderung der beiden Präsidenten. Die kommunalen Investitionen würden durch das 3,5 Mrd. Euro starke Programm des Bundes für finanzschwache Kommunen ebenfalls steigen. Hier kritisieren die beiden Verbände allerdings, dass „der Straßenbau als wesentliche Baustelle des kommunalen Investitionsstaus unberücksichtigt bleibt.“
Für 2016 rechnen die Bau-Spitzenverbände mit einer Umsatzsteigerung im öffentlichen Bau um 4 % von 28 Mrd. Euro auf ca. 29,1 Mrd. Euro. Im Tiefbau würden dabei gut 23 Mrd. Euro und im Hochbau gut 6 Mrd. Euro umgesetzt. Den Tiefbau würden die Bundesmaßnahmen zum Investitionshochlauf, den Hochbau der Sonderfonds für finanzschwache Kommunen stützen.
Gerade mit Blick auf die kommunalen Investitionen bestehe allerdings die Sorge, dass sich der Investitionsstau bis 2020 eher noch verschärfen werde. Der Bund stelle im Rahmen des Entflechtungsgesetzes bis 2019 über die Länder jährlich 1,33 Mrd. Euro für die Gemeindeverkehrsfinanzierung bereit. Bei ihrer gemeinsamen Positionierung zur Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen hätten die Bundesländer in ihrem Vorschlag zur Neuregelung zur Umsatzsteuerverteilung nun diese Mittel mit verrechnet. Die finanzielle Förderung kommunaler Verkehrsprojekte läge dann allein in Länderhand und wäre zukünftig aus deren allgemeinem Steueraufkommen aufzubringen, vor dem Hintergrund, dass für die Länder selbst ab 2019 eine Schuldenbremse greife. Die ohnehin schon lockere Zweckbindung von Bundesmitteln für kommunale Verkehrswege würde zudem verschwinden. „Wir sehen darin eine erhebliche Gefahr für die Auflösung des Investitionsstaus bei den Kommunen! Bund und Länder dürfen keine Einigung zu Lasten der Investitionsmöglichkeiten der Kommunen treffen. Die Kommunen brauchen diese Mittel in bedarfsgerechter Höhe,“ so der Appell der beiden Präsidenten an die Politik.