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Rheinisches Handwerk im Stimmungshoch

Zulieferer starten durch – Umsatz- und Beschäftigungsstabilität angekündigt: Das rheinische Handwerk boomt. Der von der Handwerkskammer Düsseldorf per repräsentativer Umfrage zweimal jährlich ermittelte Geschäftsklimaindex (Panel: 4.000; Rücklauf: 1.047 Unternehmen) liegt in diesem Frühjahr bei 86 Prozent und damit 5 Punkte über dem Wert von vor einem Jahr. Es ist der zweithöchste Stimmungswert in 25 Jahren. Die Handwerkskammer geht von Umsatz- und Beschäftigungsstabilität im Handwerk an Rhein, Ruhr und Wupper für 2014 aus.

Annähernd jedes dritte Handwerksunternehmen (29%) beobachtete eine über den Erwartungen verlaufene Geschäftsentwicklung seit Herbst; weitere 54 Prozent konnten Nachfrageimpulse aus dem Sommerhalbjahr über die Wintermonate hinweg konsolidieren. „Unterm Strich steht ein selten erreichter Optimismus im Handwerk zu Beginn eines Frühjahrs“, durfte sich der neue Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, Schornsteinfegermeister Andreas Ehlert, zum Start seiner Amtsperiode bei der Pressevorstellung des Geschäftsklima-Gutachtes am Donnerstag in Düsseldorf über Rückenstärkung aus der konjunkturellen Datenlage freuen.

Der saisonal sonst übliche Winter-Einbruch auf dem Konjunkturbarometer des Handwerks sei im Sog eines generell günstigen Konsumklimas, aber auch witterungsbedingt, „weitgehend ausgefallen“, führte der am 10. April ins Amt gewählte vormalige Präsident des Unternehmerverbands Handwerk NRW als begünstigende Faktoren für den Aufschwung an. „Insbesondere im Bauhandwerk, das aufgrund der Kältewelle im vergangenen Jahr Umsatzausfälle verkraften musste, ist in diesem Jahr eine `schwarze Null´ beim Umsatz möglich“, prophezeite Ehlert.

Erwartungen sind hochgesteckt:

Günstige Verlaufskurven bei zentralen Klima-Parametern zur Lage und insbesondere positive Erwartungen an den Geschäftsgang im kommenden Halbjahr speisen das Stimmungshoch im gesamten Handwerk an Rhein, Ruhr und Wupper:

  • So hat sich die Unternehmensauslastung gegenüber dem Frühjahr 2013 um 2 Prozentpunkte auf 74 Prozent weiter verbessert. Nur im Boomjahr 2011 waren die Kapazitäten der Firmen noch stärker aktiviert. Befriedigende fünf Wochen (exakt 4,9 Wochen) beträgt die durch-schnittliche Auftragsreichweite im Handwerk im Westen derzeit. Abweichend vom generellen Trend weist das unter einem rückläufigen Neuwagengeschäft leidende Kfz-Gewerbe im Jahresvergleich noch einen Auslastungsrückstand auf (aktuell 62 Prozent).
  • Zufriedenstellend auch das Bild bei der Ertragssituation. Ein überwiegender Teil der Handwerksbranchen und -Betriebe ist derzeit in der Lage, gestiegene Einkaufs- und Produktionskosten an die Auftraggeber weiterzureichen. Der Saldo der Antworten, über gestiegene bzw. gesunkene Verkaufspreise liegt um 5 Prozent im Plus.
  • Erwartungen: Das nordrheinische Handwerk hegt hohe Erwartungen an eine Belebung der Nachfrage im Frühjahr und Herbst. 26 (2013: 25) Prozent der Inhaber kalkulieren mit zusätzlichen Auftragsimpulsen. Das sind fast doppelt so viele Firmen, wie einen rückläufigen Auftragseingang (15%/ 2013: 22%) erwarten.

Vorsicht bei Kapazitätsplanungen

Nach Umsatzrückgängen um 1,5% im Vorjahr gestalten die Unternehmen ihre Kapazitätsplanungen für 2014 allerdings vorerst noch vorsichtig:

  • Investitionen: Der Saldo aus rückläufigen und gestiegenen Ausgaben für Anlagen, Maschinen und Gerät mit einem Minus von 9 Prozentpunkten zwar negativ, hat sich jedoch gegenüber dem Vorjahreswert leicht – um drei Punkte – erholt. Immerhin 15 Prozent der Betriebe (Frühjahr 2013: 10 %) wollen in den kommenden sechs Monaten ihre Investitionstätigkeit ausweiten. Bei den Kreditinstituten finden sie zur Finanzierung der Vorhaben offenere Türen vor. Der Anteil der Unternehmer, die die Kreditpolitik der Banken als restriktiv einstufen, fiel von 38 auf jetzt 29 Prozent.
  • Beschäftigung: Sechzehn Prozent der befragten Firmen kürzten im Herbst und Winter ihren Personalbestand (vor einem Jahr: 18 %), 12 Prozent (11%) stockten auf. Knapp 320.000 Personen beschäftigt das Handwerk im Regierungsbezirk Düsseldorf aktuell. Allerdings melden mit 13 Prozent überdurchschnittlich viele Betriebe derzeit offene Stellen (vor Jahresfrist: 11%). Jeweils zehn Prozent der Unternehmen wollen bis Herbst zusätzlich einstellen oder ihren Personalbestand verringern. Die Handwerkskammer geht deshalb per Saldo für das Jahr 2014 „von hoher Beschäftigungsstabilität in ihrem Zuständigkeitsbereich“ aus, so Ehlert.

Konjunkturbild in den sieben Branchengruppen weitgehend einheitlich

  • Das Bauhauptgewerbe (88 Prozent) und das Ausbaugewerbe (89 Prozent) tragen die Handwerkskonjunktur in diesem Frühjahr. Der Ausbausektor weist mit 78 Prozent die höchste Auslastung unter den 7 Branchengruppen des Handwerks auf. Die anhaltende Niedrigzinsphase begünstigt weiterhin Investitionen von Öffentlichen und Privaten Händen ins Betongeld.
  • Auch das Geschäftsklima in den Ernährungsberufen (Bäcker, Fleischer, Konditoren) erreicht derzeit ein sehr gutes, in 20 Jahren nur zweimal übertroffenes Niveau (85 Prozent). Jeder 5. Lebensmittel-Betrieb weist unbesetzte Stellen aus; vor 1 Jahr konnte dies nur jeder zwölfte. Annähernd 4 von 10 Firmen in diesem Segment erwarten weiter steigende Umsätze: Bestwert unter den Gewerkegruppen.
  • Klar im Aufwind befinden sich die handwerklichen Zulieferbetriebe für die Industrie (Branchenklima: 84 Prozent). Die handwerklichen Maschinen-, Anlagen- und Modellbauer profitieren von der anhaltenden Export-Hausse der deutschen Wirtschaft und können mit einer Auftragsreichweite von aktuell 8,4 Wochen längerfristig planen. 13 von 100 Firmen sehen entsprechend die Aufstockung ihrer Belegschaften vor.
  • Freundlich wie lange nicht strahlt der Konjunkturhimmel im Übrigen über dem Gesundheitsgewerbe. Das derzeitige Konjunkturklima von 80 Prozent wurde in den letzten 20 Jahren nur einmal (im Frühjahr 2011) übertroffen. Orthopädietechniker, Augenoptiker, Hörgeräteakustiker, Sanitätshäuser profitieren von der Alterung der Gesellschaft. Die Branche beschloss als eine der wenigen das letzte Jahr mit einem Umsatzplus in Höhe von 2 Prozent ab. 28 Prozent der befragten Firmen gehen von einem erneuten Umsatzanstieg aus.
  • Gegenüber Herbst 2013 um 7 Prozentpunkte abgekühlt hat sich dagegen das Branchenklima im Kfz-Gewerbe. Die Werkstattunternehmer bilden andererseits beim Blick nach vorn die Speerspitze der Optimisten: 38 Prozent von ihnen gehen von einer Belebung der Nachfrage aus, nur 11 Prozent von einer weiteren Dämpfung.
  • Die Personenbezogenen Dienstleister (u.a. Friseure) bilden mit – allerdings respektablen –
  • 77 Prozent das Klima-Schlusslicht der Umfrage. Die Gruppe ist von Soloselbstständigkeit, einem dichten Firmenbesatz und Verdrängungswettbewerb geprägt. Umsätze und Margen rangieren am unteren Ende der Ertragsskala des Wirtschaftssektors. Nur 16 Prozent der bereichszugehörigen Firmen erwarten eine Besserung ihrer Geschäftslage (Kammerdurchschnitt aller Branchen: 29 Prozent).

Faktor Betriebsgröße

Die Inhaber größerer Handwerksunternehmen äußern sich im Durchschnitt merklich zufriedener über zuletzt erzielte und künftige Geschäftsergebnisse:

  • Während Kleinst- (in Soloselbstständigkeit betriebene) Unternehmen im Schnitt aktuell nur ein Konjunkturklima von 80 Prozent erreichen, erzielen mittelgroße Handwerksunternehmen mit 10-19 Beschäftigten mit 92 Prozent das beste Geschäftsklima, gefolgt von Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern (89 Prozent). Die beiden letzteren Unternehmenstypen weisen im Übrigen ein aktives Investitionsklima auf. 23 Prozent der befragten Inhaber in diesen Gruppen haben zusätzliche Aufwendungen vorgenommen; jeder sechste seine Invests gekürzt.
  • Eine steigende Unternehmensgröße birgt auch ein höheres Wachstumspotenzial für den Arbeitsmarkt: Handwerksbetriebe mit mehr als 10 Mitarbeitern weisen in ihren Beschäftigungsplanungen für Frühjahr und Sommer einen positiven Saldo aus.

Homogenes Konjunkturbild nach Regionen: Der Konjunkturverlauf im Kammerbezirk Düsseldorf erfasst alle vier Teilräume im Kammerbezirk (Raum Düsseldorf, Niederrhein, Ruhr West, Bergisches Land) in annähernd gleichem Umfang.

Fazit und Ausblick

„Das rheinische Handwerk segelt im Aufwind. Die Umfrageergebnisse legen eine stabile Umsatz- und Beschäftigungsentwicklung in den 58198 Unternehmen des Handwerkskammerbezirks Düsseldorf im Jahr 2014 nahe – mindestens“, fasste Präsident Ehlert die Gutachten-Daten zusammen.

Ob die Aufwärtsbewegung in Handwerk und Mittelstand von Dauer sein werde, hänge „nicht zuletzt von einer nachhaltigen Konsolidierung der Kommunalfinanzen ab“, betonte Ehlert mit Blick auf die anstehenden Kommunalwahlen am 25. Mai. „Die Infrastrukturen verfallen.“ Von höheren Investitionsausgaben der Gebietskörperschaften würden insbesondere die Leitbranchen Bauhauptgewerbe und das Ausbauhandwerk profitieren, denen zusammengenommen 40 Prozent der Handwerksunternehmen zugehörten. „Geht es den Kommunen gut, geht es dem Handwerk gut, geht es dem Arbeitsmarkt gut“, brachte der Handwerkspräsident die Kausalität auf den Punkt. „Neun der zehn Großstädte im Kammerbezirk sind hochverschuldet bis überschuldet. Duisburg hatte zuletzt vor 22 Jahren einen ausgeglichenen Haushalt. Ähnliches gilt für die Kreise. Die Aufwendungen für Investitionen in die weithin unterfinanzierte kommunale Infrastruktur gehen fast überall immer weiter zurück,“ beleuchtete Ehlert die Problematik.

Mit Aufmerksamkeit schaut das Handwerk außerdem auf die am selben Tage stattfindende Europawahl und damit nach Brüssel. „Hier droht Ungemach für die weltweit bewunderte Qualifikationskultur im deutschen Handwerk. Die derzeitige Überprüfung des qualifikationsgebundenen Gewerbezugangs durch die EU-Kommission birgt im Fall einer Abschaffungs-Empfehlung massive Gefahren für die Wettbewerbsfähigkeit und die Beschäftigungs- und Ausbildungsleistung des Handwerks. Der wirtschaftliche Erfolg des Handwerks hängt ganz wesentlich von Qualifikation ab“, erläuterte Ehlert, der im übrigen Hoffnungen setzt auf ein Signal aus Brüssel für mehr Wettbewerb auf den Energiemärkten: „Mit Blick auf Kosten und innovative Zukunftslösungen ist eine ordnungspolitische Korrektur zugunsten dezentraler Energiegewinnungs- und Versorgungslösungen überfällig.“