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Das Handwerk boomt

Konjunkturbarometer auf Rekordniveau

Das Handwerk an Rhein und Ruhr hat die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise hervorragend verkraftet und erlebt derzeit einen echten Boom. Der von der Handwerkskammer Düsseldorf zweimal jährlich erhobene Geschäftsklima-Index weist einen Anstieg gegenüber der Frühjahrsumfrage um dreizehn Punkte auf aktuell 86 Punkte aus – der höchste Wert seit 19 Jahren. Besonders stark vom steilen Aufschwung profitierten Firmen mit mehr als fünf Beschäftigten, das Bau- und Ausbaugewerbe sowie – nach längerer Durststrecke – die für den Bedarf von Industrie und Gewerbe produzierenden Branchen. Erstmals seit drei Jahren haben mehr Handwerksunternehmen Beschäftigung auf- statt abgebaut. Für die kommenden Herbst- und Wintermonate gehen zwei Drittel der Inhaber von einer Stabilisierung der Geschäftslage aus; jeder vierte erwartet gar eine weitere Verbesserung. Das sind die wichtigsten Daten aus dem Herbstgutachten der Handwerkskammer Düsseldorf (Panel: 8000 Unternehmen; Rücklauf: 1050).

„Grundlage für den durchgreifenden Aufschwung im Handwerk ist eine weitsichtige Beschäftigungspolitik der Firmen, die ihre Fachkräfte auch im Verlauf der Wirtschaftskrise gehalten haben. Die überaus positive Momentaufnahme darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem in der Region verwurzelten Handwerk erhebliche Zukunftsrisiken aus instabilen Rahmenbedingungen drohen. So steuert etwa das komplette bergische Städtedreieck Wuppertal, Solingen, Remscheid bis 2013 auf eine Überschuldung zu, berichten fast vier von zehn Firmen über Probleme beim Zugriff auf Kredite und könnte den gebäudenahen Handwerkszweigen künftig marktwidrige Konkurrenz durch die Stadtwerke erwachsen,“ warnte der Präsident der Handwerkskammer, Prof. Wolfgang Schulhoff, bei der Veröffentlichung des Konjunkturgutachtens am Donnerstag in Düsseldorf vor „unangebrachter Euphorie“.

Die Umfrageergebnisse auf einen Blick:

– Das Handwerk an Rhein und Ruhr verzeichnet den prägnantesten Stimmungswechsel seit Beginn der Konjunkturmessung vor 37 Jahren. Jedes dritte Handwerksunternehmen berichtet von einer gegenüber Frühjahr verbesserten Geschäftslage. 73 Prozent der Betriebe erzielten in diesem Zeitraum gute bzw. zufriedenstellende Umsätze. Noch im Frühjahr 2009 hatten 56 Prozent der Inhaber über rückläufige Umsätze geklagt.
– Die Auslastung der Betriebe erreicht mit 76 Prozent bereits wieder das Niveau der letzten Hausse der Jahre 2006 bis 2008.
– Der Aufschwung ist nachhaltig: Die Entwicklung der Auftragseingänge weist – erstmals in diesem Jahrzehnt – einen positiven Saldo auf.
– Die Ertragslage der Unternehmen hat sich ebenfalls leicht verbessert. Die Zahl der Unternehmen, die gestiegene Bezugskosten für Energie und Rohstoffe an den Verbraucher weiterreichen konnten, übersteigt den Anteil der Firmen, die Preiszugeständnisse machen mussten.
– Das Handwerk hat auf die Nachfragesteigerung mit einer Ausweitung seiner Kapazitäten reagiert. 21 Prozent der Unternehmen melden einen Beschäftigungszuwachs (Frühjahr: 8 %).
– Auch die Investitionsentwicklung zeigt einen – noch verhaltenen – Aufwärtstrend. Jede fünfte Firma wendete in den zurückliegenden sechs Monaten mehr Geld für Anlagen, Maschinen und Gerät auf (Herbst 2009: 13 %). Der Anteil der Firmen, die Investitionen zurückgefahren haben, halbierte sich gegenüber der Frühjahrsumfrage von 37 auf 20 %.
– Eine noch stärkere Investitionstätigkeit der Handwerker wird durch eine zögerliche Kreditpolitik der Banken behindert. Immer noch 38 Prozent der Firmen (im Frühjahr 43 %) – darunter überdurchschnittlich viele Zulieferer und Kfz-Werkstätten – melden restriktive Praktik der Geldinstitute bei der Kreditvergabe.

Der Konjunkturverlauf nach Branchengruppen: Die rasante Konjunkturerholung wird hauptsächlich von den Bereichen Bau und Metall getragen. Aber auch die verbrauchernahen Handwerke verzeichneten eine spürbare Nachfragebelebung.

– Stabil nach oben zeigt das Klimabarometer in den Handwerke für den gewerblichen Bedarf (Index: 84 %). Die Branchengruppe profitiert von der anhaltend dynamischen Entwicklung im Auslandsgeschäft der Industrie. Die Branchengruppe der Metall-, Elektro- und Maschinenbauunternehmen blickt mit besonderer Zuversicht nach vorn. 28 von 100 Firmen sehen eine weitere Belebung ihres Geschäftsgangs voraus.
– So auch – mit identischen Werten – die Werkstattbetriebe des Kraftfahrzeuggewerbes (Geschäftsklimaindex aktuell: 85 Prozent). Für die nennenswerte Aufhellung des Konjunkturklimas im Vergleich zum Frühjahr (68 %) sorgte vor allem die Belebung im Neu- und Gebrauchtwagengeschäft.
– Deutlich erwärmt hat sich das Geschäftsklima auch in den Handwerken für den privaten Bedarf (u.a. Friseure, Massschneider, Schuhmacher, Goldschmiede, Uhrmacher). Der Geschäftsklimaindex der Branchengruppe kletterte gegenüber der Frühjahrsumfrage von 60 auf 74 Prozent. Vor allem das Vertrauen auf Nachfrageimpulse im Weihnachtsgeschäft prägt die Stimmungslage der Handwerke mit Ladengeschäft. Jedes vierte Unternehmen der Branchengruppe geht von Auftrags- und Umsatzzuwächsen aus.
– Noch immerhin leicht erwärmt hat sich das Konjunkturklima in den Lebensmittelhandwerken (Geschäftsklima: 80 %) und in den Gesundheitsberufen (u.a. Augenoptiker, Sanitätshäuser, Zahntechniker) mit einem Klimaindex von 79 %.
– Angeführt wird der Konjunkturzug in diesem Herbst, angetrieben von den öffentlichen Bauinvestitionen infolge des Konjunkturpakets II, jedoch vom Bauhandwerk und den Ausbaugewerken. Sie kommen aktuell auf historisch hohe Geschäftsklima-Indices von 91 bzw. 88 Prozent. Das Auslaufen des Investitionsprogramms dämpft allerdings die Erwartungen in den gebäudenahen Branchen: während 41 Prozent der Bau- und 38 Prozent der Ausbau-Unternehmen die aktuelle Geschäftslage positiv bewerten, schätzen nur gut 20 Prozent der Firmen auch die Zukunftsperspektiven für 2011 ähnlich günstig ein.

Geschäftsklima in den Regionen: Die Klimakurven der vier Teilregionen des Bezirks (Großraum Düsseldorf; Ruhr-West; Linker Niederrhein; Bergisches Land) zeigen erstmals seit vier Jahren wieder einen relativ homogenen Verlauf mit nur geringfügiger Spreizung. Die stärksten Impulse verspürte das Westliche Ruhrgebiet (88 %). Den niedrigsten Geschäftsklimaindex weist erneut das Bergische Land mit 84 Prozent auf.

„Die Verantwortungskultur im Handwerk macht sich bezahlt. Der Wirtschaftssektor hat sofort nach Ende der Rezession auf der personellen Grundlage der letzten Hausse Vollgas geben und dadurch eine Schrittmacherrolle für den wirtschaftlichen Wiederaufschwung spielen können,“ fasste der Kammerpräsident das Datenbild zur Geschäftslage zusammen.

(Quelle: HWK Pressemitteilung)