Nachhaltigkeit und Bildung
Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung sind im Handwerk fest verankert, schreibt ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer in einem Leitartikel für den Rundbrief Bildungsauftrag Nord-Süd Nr. 87.
Hintergrund
Die Bundesregierung hat sich zur Beteiligung am fünfjährigen Weltaktionsprogramm (WAP) „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) verpflichtet. Es folgt auf die UN Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005-2014). Das WAP steht unter dem Leitgedanken „vom Projekt zur Struktur“. Bisherige stark regional verortete Aktivitäten sollen strukturiert und stärker in die bundespolitische Ebene eingebunden werden.
Die Themen Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung gehören zum Selbstverständnis handwerklichen Handelns. Das Handwerk besetzt Nachhaltigkeitsthemen auf regionaler sowie auf bundespolitischer Ebene aktiv und wirkt entscheidend z. B. an der Ausgestaltung und Umsetzung der Ziele der Bundesregierung zur Energiewende mit. Das Begriffsverständnis in unserem Wirtschaftsbereich wird im Folgenden skizziert.
Begriffsverständnis Nachhaltigkeit und Bildung für Nachhaltige Entwicklung im Handwerk
Das Handwerk – ein nachhaltiger Wirtschaftsbereich
Eine nachhaltige Unternehmensstrategie beeinflusst die Ausrichtung unternehmerischen Handelns. Ökonomische Belange, gesellschaftliche und ökologische Verantwortung werden integrativ betrachtet. Die drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales werden dauerhaft in die Unternehmensstrategie, unter Beachtung der Bedürfnisse und Ansprüche betroffener Interessengruppen, implementiert. Das umfassende und weitreichende Verantwortungsverständnis ist dem Handwerk immanent. Die ausgeprägte Kundennähe, die Leistungserbringung vor Ort in der Region ermöglichen die Entwicklung individueller und langlebiger Lösungen für den Kunden und für die Gesellschaft. Das nachhaltige Verständnis lässt sich kurz mit folgenden Stichworten skizzenhaft umreißen:
- Handwerk bedeutet Vielfalt, beispielsweise in der Herkunft der Menschen mit Wurzeln auch außerhalb Deutschlands. (Und die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund.)
- Handwerk ist regional mit der Verschränkung der Handwerksorganisation vor Ort, wie z. B. Innungen und Kreishandwerkerschaften mit Kommunen, Vereinen und Initiativen in der Region.
- Handwerk ist Wissen und Können, mit einem handwerklichen Berufslaufbahnkonzept, das von einem lebensbegleitenden Erwerb von beruflicher Handlungskompetenz ausgeht.
- Handwerk ist Zukunft, durch die Begründung und Übergabe familiengeführter Unternehmen.
- Handwerk schont Ressourcen, mit einem nachhaltigen Wertschöpfungsverständnis, das sich dadurch manifestiert, dass Wartung, Instandhaltung und Reparatur dem schnelllebigen Ersetzen von Produkten vorgeht.
- Handwerk engagiert sich, als Multiplikator von energieeffizientem Handeln insbesondere im Baubereich.
Bildungspolitisches Engagement des Handwerks
Das Handwerk bringt sich aktiv in die Nationale Plattform Bildung für Nachhaltige Entwicklung ein.
Ein besonderes Anliegen des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks ist es, die vielfältigen Initiativen der Bundesregierung bei der Umsetzung des Weltaktionsprogramms „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ zu unterstützen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung ist das federführende Ressort für die nationale Umsetzung des Weltaktionsprogramms. Die beabsichtigte Laufzeit der Nationalen Plattform Bildung für Nachhaltige Entwicklung beträgt 5 Jahre. Im Rahmen der Plattform soll ein Nationaler Aktionsplan beschlossen werden. Meilensteine und Umsetzungskonzepte werden jeweils durch die bildungsbereichsbezogenen Fachforen erarbeitet.
Zur konstituierenden Sitzung der Nationalen Plattform „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BMBF) wurden die folgenden Fachforen initiiert: Frühkindliche Bildung, Schule, Berufliche Bildung, Hochschule, Kommune sowie non-formales, informelles Lernen/ Jugend.
Dem Fachforum „Berufliche Bildung“ sitzt der Zentralverband des deutschen Handwerks vor. Das Arbeitsprogramm des Fachforums „Berufliche Bildung“ ist durch die fünf Handlungsfelder Bestandsaufnahme, Potenziale der beruflichen Bildung für nachhaltige Entwicklung, Betriebe und berufliche Schulen als nachhaltige Lernorte etablieren, Kompetenzanforderungen zur Nachhaltigkeit sowie curriculare und didaktische Umsetzung von BNE definiert.
Handwerksinitiative
Das Handwerk ist bei der Umsetzung der Energiewende der zentrale Partner.
Ein zentraler bildungs- und wirtschaftspolitischer Schwerpunkt nachhaltigen Handelns stellt für das Handwerk die Unterstützung der Bundesregierung bei der Umsetzung der Energiewende dar. Handwerksbetriebe als Teil von Wirtschaft und Gesellschaft agieren tagtäglich in einem Kontext aus Ökonomie, Ökologie und sozialer Verantwortung. Das Handwerk ist bereit, bei der Umsetzung des Weltaktionsprogramms „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ weiter zu unterstützen. Der ZDH setzt sich seit Jahren unter anderem im Rahmen der BUILD UP Skills Initiative der Europäischen Union dafür ein, den qualitativen und quantitativen Bedarf an Fachkräften im Bereich der Gebäudeenergieeffizienz sicherzustellen und somit die Bundesregierung darin zu unterstützen, ihre Klimaschutzziele zu erreichen. Zuletzt wurde dieses Engagement bekräftigt durch die gemeinsam von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und mir unterzeichnete Erklärung zur Handwerksinitiative Energieeffizienz. BMWi und ZDH verständigen sich damit auf gemeinsame Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebereich und unterstreichen die große Bedeutung des Handwerks für die Umsetzung der Energiewende.
Das hohe Engagement des Handwerks lässt sich am Beispiel der Qualifizierung der Fachkräfte anschaulich darstellen. Die Bildungszentren des Handwerks haben mehr als 320 Weiterbildungsangebote zu Aspekten der Energieeffizienz wie auch der erneuerbaren Energien, beispielsweise den Gebäudeenergieberater oder die Fachkraft für erneuerbare Energien, entwickelt. Aktuell wird geprüft, inwieweit bestehende Angebote vor dem Hintergrund der aktuellen Ausbildungs- und Meisterprüfungsverordnungen weiter zu entwickeln bzw. zu vereinheitlichen sind, wie die in den Bau-, Ausbau- und anlagentechnischen Gewerken tätigen Handwerker noch stärker als bisher für die Teilnahme an entsprechenden marktgerechten Weiterbildungsangeboten gewonnen und wie diese Angebote unterstützt werden können. Eine grundlegende Voraussetzung für qualitativ hochwertige, über die Grundqualifizierung einer dualen Ausbildung hinausgehende Weiterbildungsangebote, ist die frühzeitige Ermittlung der zukünftig im Bau- und Ausbausektor sowie in der Anlagentechnik erforderlichen Anforderungs- und Qualifikationsprofile und die frühzeitige Implementierung der Inhalte in die Aus- und Weiterbildung. Hierzu sollen insbesondere alle Weiterbildungsqualifikationen für die am Bau Beschäftigten einer Überprüfung unterzogen werden, um so die Aktualität der Anforderungen zu gewährleisten. Zur Sicherung der Qualität von Weiterbildungsmaßnahmen wird die Vereinheitlichung von Qualifizierungsmaßnahmen und Lehrmaterialien auf dem Weiterbildungsmarkt des Handwerks geprüft.
Erst eine ganzheitliche Betrachtung aller in Wechselwirkung zueinander stehenden Gebäudekomponenten erlaubt die optimale Ausschöpfung der vorhandenen Energieeffizienzpotenziale und die Erarbeitung in sich schlüssiger, umfassender Gebäudeenergieeffizienzkonzepte. Die Vermittlung eines gewerkeübergreifenden Verständnisses vom „Haus als System“ wird auch künftig in der handwerklichen Aus- und Weiterbildung einen wichtigen Stellenwert haben. Hierfür wird die Handwerksorganisation darauf hinwirken, dass die Grundlagen über systemische Komponenten am Bau in den Ausbildungsordnungen und die Themen „Kooperation an den Schnittstellen zwischen den Gewerken/Haus als System“ in einer gewerkeübergreifenden Weiterbildung verankert werden. Die Handwerksorganisation wird prüfen, ob darüber hinaus niederschwellige Qualifikations- und Informationsangebote zu gewerkeübergreifenden Themen, wie z.B. Smart Home, eingeführt werden können. Zielstellung ist es, durch den fachlichen Austausch die Ausführungsqualität zu steigern. Unter aktiver Mitwirkung der einschlägigen Fachverbände des Handwerks sollen der Aufbau von Multiplikatorennetzwerken und die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen, unter anderem auch durch die Schaffung von Beauftragten für Innovation und Technologie im Bereich Energieeffizienz („Energieeffizienz-Lotsen“) in der Handwerksorganisation, gefördert werden. Die Handwerksorganisation baut hierbei inhaltlich auf den Erfahrungen und Strukturen aus dem BUILD UP Skills-Projekt und der hierauf beruhenden Qualifikations-Roadmap auf. Schwerpunkte sollen dabei Train-the-trainer-Konzepte ebenso wie die Entwicklung passfähiger Personalentwicklungskonzepte für kleine und mittlere Unternehmen des Handwerks bilden.
Durch zahlreiche Projekte und thematisch fokussierte Aus- und Weiterbildungskonzepte werden sowohl die Unternehmen, als auch die einzelnen Mitarbeiter für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert und auf ein professionelles Handeln vorbereitet. Der Themenbereich Nachhaltigkeit erweitert gleichzeitig die chancenreichen beruflichen Bildungs- und Karrierewege im Handwerk.