Integration braucht Geduld

Bis ein junger Flüchtling in den Arbeitsmarkt integriert ist, dauert es mindestens fünf Jahre, sagt ZDH-Präsident Wollseifer im Interview mit dem Generalanzeiger Bonn.

Vor gut einem Jahr haben Sie in einem Interview mit dieser Zeitung mit Blick auf die ins Land strömenden Flüchtlinge gesagt, man könne die meisten von ihnen für eine Berufsausbildung qualifizieren. 13 Monate später – trägt ihr Optimismus?

Hans Peter Wollseifer: Zum Teil. Wir hätten uns gewünscht, diese Aufgabe wäre einfacher und man könnte die jungen Leute, die zu uns kommen, schneller in eine Ausbildung nehmen. Aber wir machen die Erfahrung, dass einige Geld verdienen müssen und eine Ausbildung ablehnen, und andere die Sprach- und Integrationskurse abbrechen. Das Handwerk integriert schon lange Menschen aus anderen Ländern, auch Flüchtlinge. Diese Erfahrung setzen wir jetzt ein.
Das Thema ist zu komplex, um schnelle Erfolge zu feiern?

Wollseifer: Die Integration eines jungen Menschen – der weder deutsch spricht, noch eine Ausbildung mitbringt – in den Arbeitsmarkt dauert fünf bis sieben Jahre. Diese Geduld müssen wir, muss die Gesellschaft aufbringen, wenn sie ernsthaft an einem Erfolg der Integration interessiert ist. Und wir müssen auch entsprechende Kosten für Projekte aufbringen. Mit Praktika und Kursen zur Berufsorientierung bringen wir jungen Flüchtlingen unser Handwerk näher.
Projekte wie das im Bildungszentrum Butzweilerhof in Köln, wo die Handwerkskammer auch Flüchtlinge qualifiziert?
Wollseifer: Genau. Es gibt dort allerdings die kuriose Situation, dass es nicht genügend Jugendliche gibt mit der entsprechenden Sprachkompetenz, um die 100 Qualifizierungsplätze dort zu besetzen. Wichtigster Schlüssel für die Integration ist natürlich die Sprache. Und die Sprachvermittlung muss ganz am Anfang stehen.
Stichwort „Geduld“?

Wollseifer: So ist das. Die Situation ändert sich hoffentlich im Laufe des Jahres. Dann steigt die Zahl der Flüchtlinge, die schon eine bessere Sprachkompetenz mitbringen.
Aber das reicht sicher noch nicht, um in einem Handwerksbetrieb zu bestehen.
Wollseifer: Dafür ist der Integrationskurs eine weitere Voraussetzung. Die jungen Leute kommen aus anderen Kulturkreisen und müssen Deutschland „lernen“. Danach folgt die Vorbereitung auf den Beruf.
Das hört sich nach viel Arbeit an…
Wollseifer: …die das Handwerk aber gerne leistet und damit auch einem wichtigen gesellschaftlichen Auftrag nachkommt. Die Handwerkskammern und unsere Betriebe sind bereit, sich noch weiter zu engagieren. Die Berater der Arbeitsagenturen sollten uns mehr Flüchtlinge schicken, die Talent mitbringen – und natürlich die Bereitschaft zur Ausbildung im Handwerk.
Heißt das, Flüchtlinge schlagen das Angebot, in einem Handwerksberuf zu arbeiten, aus?
Wollseifer: Handwerk hat in den Herkunftsländern ein oft sehr niedriges Niveau, das ist nicht unbedingt die berufliche Zielsetzung. Den hiesigen Stellenwert muss man erst mal erklären. Das gilt ja oft auch für türkisch- oder arabischstämmige Jugendliche und ihre Familien, die in Deutschland leben. Unsere Handwerker sind weltweit führend, die berufliche ist der akademischen Ausbildung gleichgestellt. Die digitale Welt findet sich in den Ausbildungsordnungen längst wieder. Das wissen diese Jugendlichen alles nicht, das müssen wir erklären und ihnen zeigen. Damit sie Geschmack an einer Karriere im Handwerk finden.

Das ganze Interview auf zdh.de …