Urlaubsanspruch bei langer Erkrankung

Die KH-Rechtsabteilung informiert: Verfall von Nutzansprüchen nach spätestens 15 Monaten – Bereits in der Vergangenheit haben wir Sie darüber informiert, dass aufgrund einer Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes (EuGH) Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern entgegen den deutschen gesetzlichen Bestimmungen nicht verfallen, wenn sie infolge von Krankheiten nicht genommen werden können. Nachdem dies so vom Europäischen Gerichtshof entschieden worden ist, war unklar, bis zu welchem Zeitraum der Urlaub auch bei jahrelanger Erkrankung des Arbeitnehmers nicht verfällt. In einem neuen Grundsatzurteil vom 22. November 2011 (Az. C 214110) hat nunmehr der Europäische Gerichtshof eine Grenze für den Verfall von Nutzansprüchen festgesetzt:

Ein über mehrere Jahre in Folge arbeitsunfähiger Arbeitnehmer ist nicht berechtigt, die im gesamten Zeitraum seiner Krankheit erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub unbegrenzt anzusammeln. Vielmehr sei der jährliche Urlaubsanspruch spätestens 15 Monate nach Ende des Bezugszeitraums erloschen.

WIE SIEHT DIE NORMALE URLAUBSREGELUNG AUS? Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und auch in diesem Zeitraum genommen werden. Eine Über- tragung auf das nächste Kalenderjahr ist nur dann zulässig, wenn dringende betriebliche (zum Beispiel Arbeitsüberlastung, Vertretungen) oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (etwa Krankheit) die Übertragung rechtfertigen. Auch übertragener Urlaub ist in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres zu nehmen.

Beispiel 1: Der Arbeitnehmer war vom 1. Januar 2009 bis 30. September 2011 arbeitsunfähig. Daraus folgt: Sein Urlaubsanspruch für das Jahr 2009 ist am 31. März 2011 (15 Monate nach Jahresende 2009) verfallen. Sollte er den Urlaub für das Jahr 2010 bis zum 31. Dezember 2011 nicht genommen haben, ist auch dieser Anspruch danach erloschen.

Beispiel 2: Der Arbeitnehmer war vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 arbeitsunfähig. An eben diesem 31. Dezember 2011 endet auch sein Arbeitsverhältnis. Daraus folgt: Während der Urlaub für das Jahr 2009 am 31. Dezember 2011 verfallen ist, muss der Urlaub für die Jahre 2010 und 2011 abge- golten werden.
Die Übertragung wegen Krankheit ist auf den gesetzlichen Mindesturlaub von jährlich 24 Werktagen begrenzt, soweit Tarifverträge oder Arbeitsverträge nicht anderes vorsehen (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24. März 2009; Az. 9 AZR 983/07).

WAS GILT BEI WOMÖGLICH JAHRELANGER „AU“?
Kann der Arbeitnehmer den Urlaub auch im Übertragungszeitraum nicht neh- men, weil er weiterhin krank ist, erlischt nach Auffassung des EuGH der Urlaubsanspruch, wenn nach Ablauf des Bezugszeitraumes ein angemessener Übertragungszeitraum verstrichen ist, ohne dass sich der Arbeitnehmer innerhalb dieser Zeit arbeitsfähig zurückgemeldethat.

Wichtig zu wissen: Urlaubsabgeltungsansprüche entstehen immer erst mit Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Denn nach § 7 Abs. 4 BUrlG darf der Urlaub grund- sätzlich nicht ausbezahlt werden, so lange ein Arbeitsverhältnis besteht. Andere Regelungen im Arbeitsvertrag sind unwirksam. Erst mit diesem Urteil des EuGH wird der Urlaubsabgeltungsanspruch bei Lösung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der über Jahre hinaus krank war, überschaubar.

Autor: RA Spengler