Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit kann zur außerordentlichen Kündigung führen
Krankheit von Arbeitnehmern ist ein ständiges Problem für den Arbeitgeber. Gesteigert wird diese Situation nur noch dadurch, dass der „angeblich“ kranke Arbeitnehmer seine Krankheit nur vortäuscht und stattdessen anderweitig arbeiten geht.
Einen solchen Fall hatte nun das Landesarbeits-gericht in Hessen zu entscheiden. In dem verhandelten Fall ging es um einen über 50 Jahre alten Mitarbeiter eines Metallunternehmens, der seit 20 Jahren als Schweißer bei seinem Arbeitgeber beschäftigt war. Der Arbeitnehmer war mehreren Kindern zum Unterhalt verpflichtet.
Nachdem gegenüber diesem Arbeitnehmer die ordentliche betriebsbedingte Kündigung bereits ausgesprochen war, stiegen die Krankenzeiten während der laufenden Kündigungsfrist massiv an. Der Arbeitgeber entschloss sich daraufhin einen Detektiv einzuschalten zwecks Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit seines Arbeitnehmers. Der Detektiv rief bei dem Arbeitnehmer an und fragte ihn, ob dieser bei ihm Mauer- und Malerarbeiten durchführen könne. Der „kranke“ Arbeitnehmer fragte sofort, wann er anfangen könne. Auf die Frage des Detektivs warum er denn sofort Zeit hätte, ob er vielleicht arbeitslos sei, entgegnete der Arbeitnehmer, dass er krankgeschrieben sei und daher sofort Zeit hätte. Als dem Arbeitgeber diese Umstände durch den Detektiv bekannt wurden, kündigte der den Arbeitnehmer ohne vorherige Abmahnung außerordentlich. Hiergegen erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage.
Das zuständige Arbeitsgericht gab der Klage statt. Hiergegen legte der Arbeitgeber Berufung beim Landesarbeitsgericht ein, welches die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufhob und der außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers Recht gab.
Dabei begründete das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung so, dass das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit und damit das Vorenthalten der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung eine erhebliche und schuldhafte Vertragspflichtverletzung darstellen kann, die eine außerordentliche Kündigung aus einem wichtigen Grund rechtfertigen kann. Der Arbeitnehmer verletzte mit diesem Verhalten nämlich nicht nur die von ihm geschuldete Hauptleistungspflicht, sondern auch die für das Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauensbasis zwischen den Parteien, indem er den Arbeitgeber täusche. Es sei auch für jeden Arbeitnehmer ohne weiteres ersichtlich, dass der Arbeitgeber die Vorenthaltung der geschuldeten Arbeitsleistung aufgrund des Vortäuschens einer Arbeitsunfähigkeit als eine so schwerwiegende Vertragsverletzung ansehe, dass er ohne vorherige Abmahnung das Arbeitsverhältnis kündigen werde. Das Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit stelle ein unredliches Verhalten des Arbeitnehmers dar, das unabhängig davon, ob die Arbeitsunfähigkeit zu einer Belastung des Arbeitgebers mit den entsprechenden Entgeltfortzahlungskosten führt oder nicht, die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zerstöre.
Hinweis:
Arbeitet ein Arbeitnehmer für jemanden anderen als für den Arbeitgeber während der Zeit der Krankschreibung, stellt dieses Verhalten einen massiven Vertrauensverstoß und damit einen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Dieser Verstoß wiegt so schwer, dass eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist, selbst wenn, wie im vorliegenden Fall, der Arbeitnehmer eine lange Betriebszugehörigkeit aufweist und Unterhaltspflichten bestehen.