Ausbildung statt Verbleib im „Schonraum Schule“
Viele Handwerksbetriebe würden gerne ausbilden – finden aber keine Bewerber. Mit 28.000 freien Plätzen bieten allein die Ausbildungsbörsen der Handwerkskammern zum Stichtag 31. Juli 5.000 Plätze mehr an als vor Jahresfrist. „Gerade auch gewerblich-technische Ausbildungsberufe im Handwerk suchen aktuell noch dringend Auszubildende“, so ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke in einem Zeitungsbeitrag.
28.000 freie Ausbildungsplätze stehen noch in den Börsen der Handwerkskammern. 5000 mehr als 2013 zu diesem Zeitpunkt. „Das Interesse der Betriebe an Ausbildung bleibt im Handwerk sehr hoch. Rund zwei Drittel aller Handwerksbetriebe mit Ausbildungsberechtigung bilden auch aus. Weitere Handwerksbetriebe würden gerne ausbilden, finden aber keinen Azubi“, so Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). Gekniffen sind vor allem kleinere Handwerksbetriebe – dabei bieten diese oft die idealen Ausbildungsbedingungen in kleinen Teams.
Die Zahlen: Bis zum Stichtag 31.07.2014 wurden bei den Handwerkskammern rund 85.000 Ausbildungsverträge eingetragen. Es sind 1,8 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Im Westen ist der Rückgang gering, liegt bei minus 1,4 Prozent, im Osten bei minus 5,1 Prozent. Ein Plus vermelden zum Stichtag nur die Bundesländer Niedersachsen, Hamburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Nordrhein-Westfalen.
In den Medien wird oft der Eindruck vermittelt, dass vor allem Bäcker oder Fleischer Probleme mit der Nachwuchsgewinnung haben. Doch es sind weit mehr Berufe betroffen. „Gerade auch gewerblich-technische Ausbildungsberufe im Handwerk suchen aktuell noch dringend Auszubildende“, so Schwannecke. Die Handwerkskammern nennen immer wieder Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung und Klima, Elektroniker, Metallbauer oder Kfz-Mechatroniker. „Hier macht sich bemerkbar, dass mittlerweile die Hälfte eines Jahrgangs auf Abitur und Studium setzt. Für viele praktisch begabte Jugendliche wäre das Handwerk die bessere Wahl. Die Betriebe bieten Jugendlichen mit hohen Zielen individuelle Karrierepläne an“, erklärt Schwannecke.
Der Eindruck, dass die Qualität der Schulabgänger generell gestiegen sei, ist aus Sicht des Handwerks falsch. Die PISA-Studie hat gezeigt, dass es bei bis zu 20 Prozent der Schüler weiter an ausreichenden Kompetenzen bei lesen, schreiben und rechnen fehlt, dazu kommen Probleme im sozialen Bereich. Das trifft das Handwerk besonders hart, das immer noch die Hälfte seiner Ausbildungsplätze an Hauptschulabgänger vergibt, sowie an Realschulabsolventen – doch deren Zahl geht weiter zurück, und die Qualität ebenfalls, da die besseren Schüler alle in Richtung Abitur marschieren.
Ein weiteres Problem: In allen Schulformen ist die Berufsorientierung weiterhin unterentwickelt. Viele Schüler flüchten daher vor der Ausbildung und dem Schritt ins Berufsleben in schulische Übergangssysteme. „Im Schonraum Schule kommen die Jugendlichen meist keinen Schritt weiter. Sie werden hier oft einseitig beraten“, klagt Schwannecke. „Wenn im Vorjahr angeblich über 80.000 Jugendliche mit Ausbildungsreife keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, dann frage ich mich, warum im Handwerk reihenweise attraktive Ausbildungsplätze frei geblieben sind“, kritisiert Schwannecke. „Denn auf der anderen Seite wechseln ja frustrierte Studienaussteiger ins Handwerk und schwärmen in den Medien von Beruf und Ausbildung!“