Leistung muss sich für Handwerker lohnen
Steuereinnahmen sprudeln, Rücklagenpolster nehmen zu, aber von dem Geld ist in den Portemonnaies unserer Handwerker zu wenig zu spüren, meint ZDH-Präsident Wollseifer in seiner Kolumne „Berlin intern“ für das Deutsche Handwerksblatt.
Die Steuerquellen von Bund, Ländern und Gemeinden sprudeln in einem lange nicht gekannten Ausmaß. Die Rücklagenpolster bei den Sozialversicherungen werden dicker und dicker. Geld ist da, und zwar in einem Umfang wie seit Jahren nicht mehr. Nur Arbeitnehmer, Facharbeiter und Handwerksmeister spüren davon bislang zu wenig.
Im Gegenteil: Ob bei der Einkommensteuer, beim Solidaritätszuschlag, bei den Beiträgen zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung, zur Kranken- und Pflegeversicherung – der deutsche Staat langt seinen Bürgerinnen und Bürgern ordentlich in die Portemonnaies.
Bei einem unverheirateten Angestellten ohne Kind mit einem Durchschnittsgehalt summieren sich all diese Steuern und Sozialabgaben auf im Schnitt 49,4 Prozent. Von einem Euro Lohn bleibt also nur knapp die Hälfte. Und selbst bei einem verheirateten Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern liegt die Belastung laut Angaben der OECD bei etwa 34,0 Prozent. Da bleibt einfach nicht genug Netto vom Brutto.
Hinzu kommt: Ein gut verdienender Facharbeiter zahlt inzwischen bereits den Spitzensteuersatz. Außerdem werden Mehrverdienste überproportional versteuert – Stichwort kalte Progression.
Zwar ist das Ziel richtig, keine neuen Schulden zu machen und die Schuldenbremse einhalten zu wollen. Von diesem Grundsatz sollte auch mit Blick auf künftige Generationen gar nicht abgewichen werden. Aber der monetäre Puffer ist inzwischen groß genug, um die dringend nötigen Veränderungen bei den Steuertarifen auch vorzunehmen.
So muss der Spitzensteuersatz erst später greifen. Die übermäßige Steuerbelastung mittlerer Einkommen muss durch ein Abflachen des Mittelstandsbauches schnellstens verringert werden. Der Solidaritätszuschlag muss schnell abgebaut werden. Nicht erst bis 2030 – wie von der Union geplant. Und auch nicht nur für bestimmte Einkommensgruppen – wie es die SPD beabsichtigt, denn eine Zweiklassengesellschaft kommt für das Handwerk nicht in Frage.
Auch bei den Sozialabgaben gibt es Spielräume zur Entlastung etwa beim Beitrag zur Arbeitslosenversicherung. Die Bundesagentur für Arbeit hat jetzt schon eine Rücklage von gut 11 Milliarden Euro. Das dürfte ausreichen, um für Krisen gewappnet zu sein. Sollte die Arbeitslosenversicherung auch noch in einem Jahr so gute Einnahmen haben, dann muss davon auch etwas an die zurückfließen, die das erarbeiten.
Die Schmerzgrenze bei den Steuer- und Sozialabgaben ist für die Handwerksbetriebe längst erreicht. Weitere Belastungen darf es nicht geben. Im Gegenteil: Es ist an der Zeit, dass von den vollen Staats- und Sozialkassen auch etwas im Portemonnaie unserer Beschäftigen in den Handwerksbetrieben und bei unseren Handwerksmeistern landet.